Astro-Fotografie zum Ausprobieren

Sollten Sie beim Betrachten von Astro-Fotos auf den Geschmack gekommen sein und überlegen, ohne große Investition selber einige Experimente in dieser Richtung zu unternehmen, dann lesen Sie bitte weiter.

Für die allerersten Versuche wird, neben einer klaren Nacht, nicht mehr benötigt als eine Kamera mit manueller Belichtungs-Kontrolle, ein Weitwinkel-Objektiv (effektiv 20mm oder weniger) sowie ein fester Untergrund (natürlich geht auch ein Stativ). Verwenden Sie für den ersten Versuch einen hohen ISO-Wert von z.B. ISO3200, Weißabgleich auf Tageslicht, eine Belichtungszeit von 30 Sekunden und stellen Sie die Entfernung auf unendlich. Mit dem Objektiv nach oben zeigend wird die Aufnahme mit dem Selbstauslöser gestartet.

Vorzugsweise wird für die Aufnahme ein Roh-Format verwendet, um in der Nachbearbeitung etwas mehr Spielraum zu haben. Denn uns interessieren insbesondere die dunklen Bereiche, welche bei einer JPG-Datei kaum noch Informationen aufweisen. Dass man aber auch mit einer JPG-Aufnahme bereits interessante Ergebnisse erzielen kann, zeigt das nächste Bild.

Das Ergebnis sollte bereits im Sucher in etwa so aussehen (D750, ISO1600, 30s JPG, Nikkor 16mm, f/4, Tonwertkurve nachbearbeitet):

Der "Streifen" in der Mitte ist als Milchstraße bekannt und ist nichts anderes als der Blick quer durch unsere Heimat-Galaxie. Die Anzahl der in diesem Bild sichtbaren Sterne übersteigt mit ziemlicher Sicherheit das, was man mit bloßem Auge erkennen kann. Und während mit etwas Erfahrung Sternbilder am Himmel leicht erkannt werden können, fällt dies bei einem solchen Anblick deutlich schwerer. Wer aber ganz genau hinschaut, der findet im rechten Drittel des Bildes, leicht oberhalb der Mitte, einen etwas helleren Fleck. Das ist kein Stern, sondern eine ganze Galaxie mit Namen Andromeda.

Zur Orientierung zeige ich hier noch einmal den Bildausschnitt mit Beschriftungen, Andromeda befindet sich an der Position des blauen Markers (Erstellt mit Stellarium):

Die Andromeda Galaxie ist so groß und hell, dass man sie auch bequem mit einem Fernstecher betrachten kann, wenn man weiß, wo man sie suchen muss.

Ob Andromeda auch heute noch so aussieht, wie wir es sehen, lässt sich nur schwer sagen. Denn ihr Licht war rund 2.5 Millionen Jahre unterwegs, um uns zu erreichen. Das Licht der helleren Sterne, welches wir zu Sternbildern "zusammensetzen", ist deutlich jünger und war lediglich einige hundert oder wenige tausend Jahre unterwegs. Ein Blick in die Sterne ist also immer auch eine Zeitreise.

Andromeda ist hinsichtlich der Helligkeit eine große Ausnahme, denn die fotografisch interessanteren Objekte sind in der Regel deutlich dunkler und mit bloßem Auge kaum noch zu erkennen. Um diese fotografisch sichtbar zu machen, muss deutlich mehr Licht gesammelt werden, als es mit einer 30 Sekunden-Aufnahme möglich ist. Leider hört die Erde nicht auf zu rotieren, bis wir unsere Langzeitbelichtung durchgeführt haben, sondern dreht sich munter weiter. Als Folge haben wir am Ende nur Streifen im Bild. Zwar kann auch das interessant sein, aber meist möchte man das nicht.

Üblicherweise werden bei Astro-Aufnahmen sogenannte Montierungen verwendet, welche die Erddrehung kompensieren und die Kamera auch bei längerer Belichtung auf den gleichen Punkt im Firmament ausgerichtet halten. Doch wir versuchen das jetzt einmal mit Hausmitteln.

Denn glücklicherweise kommt es bei der Astro-Fotografie nur auf die Gesamt-Belichtungszeit an. Ob man 10 Minuten Belichtungszeit mit einer Aufnahme erreicht oder durch 600 Einzelaufnahmen mit jeweils einer Sekunde, spielt keine ganz so große Rolle. Das Problem bei derart vielen Einzelaufnahmen ist allerdings, dass spezielle Software benötigt wird, um diese zu einem Gesamtbild zusammenzuführen, sogenannte Stacking-Software.

Die Idee dahinter liegt auf der Hand, denn mit kürzerer Belichtungszeit ist auch die (scheinbare) Sternbewegung kürzer. Bei sehr kurzen Belichtungszeiten ist die Bewegung sogar kleiner, als ein Sensor-Pixel, entsprechend bekommt man dann scharfe Sterne. Um überhaupt etwas zu erkennen, verwendet man eine höhere ISO-Einstellung. Dabei wird natürlich auch das Rauschen sichtbarer (Rauschen entsteht nicht bei höheren ISO-Einstellungen, es wird nur sichtbarer), aber praktischerweise mittelt sich das beim späteren Stacken einfach weg.

Für mein Experiment habe ich die Kamera mit 50mm Brennweite auf Orion gerichtet und Einzelaufnahmen mit 7 Sekunden bei ISO3200 angefertigt. Diese sehen zunächst wenig vielversprechend aus:

Bereits in dieser Aufnahme ist der Orionnebel in der Mitte zu erkennen, und genau das wollen wir später sehen. Ebenso erkennen lässt sich eine Vignettierung in den Ecken und ein Licht-Gradient quer durch das Bild. Da Orion von meiner Position aus im Süden steht, fotografiere ich direkt in den Frankfurter Licht-Dom hinein. Wie schlimm das tatsächlich ist, werden wir gleich sehen.

Doch betrachten wir zunächst die Vignettierung. Da zum Herausarbeiten der lichtschwächeren Objekte ein sehr massiver Eingriff in die Gradationskurve notwendig ist, muss zunächst einmal die Vignettierung kompensiert werden. Dies erfolgt durch eine Referenz-Aufnahme mit identischem Kamera-Aufbau (Brennweite, Fokus etc.) auf eine neutrale Fläche. Im einfachsten Fall kann dies der Tageshimmel sein, aber so lange wollen wir nicht warten. Behelfen kann man sich auch mit einem Tablet samt entsprechender App oder einer beleuchteten Fläche (z.B. weißes T-Shirt) vor dem Objektiv. Praktischerweise dokumentieren diese Korrektur-Aufnahmen auch sämtlichen Schmutz und sonstige Fehler, welche später gleich mit korrigiert werden. Diese Aufnahmen nennen sich übrigens "Flat Frames".

Leider gibt es noch mehr zu korrigieren, nämlich in der Regel das Sensor-Rauschen oder, meist schlimmer, der sogenannte Amp-Glow. Damit gemeint sind farbige Verläufe bei längeren Belichtungszeiten und abgedeckter Linse. Solche Aufnahmen sollten natürlich schwarz sein, aber in Roh-Aufnahmen erkennt man leicht, dass sie es nicht sind. Die Bezeichnung dafür lautet "Dark Frames".

Damit die Korrektur am Ende auch wirklich funktioniert, benötigt die Stacking-Software noch einen Basis-Wert, welcher als Offset grundsätzlich vom Pixelwert abgezogen wird. Diese werden mit kurzer Belichtungszeit aufgenommen und nennen sich "Bias Frames". Ich fertige sie meist mit den gleichen Einstellungen wie die Flat Frames an, entsprechend nennen sich diese Aufnahmen dann "Dark Flat Frames".

Für unser kleines Experiment müssen wir das nicht übertreiben, vermutlich reichen jeweils grob 15 dieser Korrektur-Aufnahmen.

Bei meinem Versuch konnte ich am Ende rund 170 Einzelbilder (je 7 Sekunden) verwenden, wodurch sich eine Gesamt-Belichtungszeit von knapp 20 Minuten ergibt. Das finale Ergebnis nach dem Stacking, Entfernen des Licht-Gradienten und leichter Nachbearbeitung sieht dann so aus:

Mehr Gesamt-Belichtungszeit würde das Ergebnis natürlich verbessern und auch die verschiedenen Deep-Sky-Objekte (die Nebel in der Mitte) deutlicher erkennbar machen, hier sind keine Grenzen gesetzt.

Gestackt habe ich das Bild mit dem AstroPixelProcessor, weil das mit relativ wenig Nachdenken gut funktioniert. Für erste Experimente reicht die kostenlose Testphase in jedem Fall, aber es gibt natürlich auch verschiedene andere Stacking-Software, auch kostenlose wie z.B. Siril oder den Klassiker DeepSkyStacker. Hier verweise ich einmal auf die Suchmaschine Ihrer Wahl und etliche Tutorials, die sich z.B. bei YouTube finden lassen.

Natürlich sind dieser Technik ganz klare Grenzen gesetzt und Brennweiten ab 100mm sind kaum noch praktikabel. Aber sie reicht völlig, um ein Gefühl für diese Art der Fotografie zu bekommen, bevor viel Geld in neues Equipment investiert wird. Und dennoch lassen sich bereits einige Objekte ablichten, wie hier die Plejaden neben dem Mars:

Dieser Streifen entstand mit der D750 auf einem Stativ und einer Brennweite von 100mm (70-200 f/2.8). Damit die Sterne punktförmig bleiben, musste die Belichtungszeit auf zwei Sekunden bei ISO3200 reduziert werden. Insgesamt wurden 860 dieser Subs kombiniert, was einer Gesamtbelichtungszeit von knapp 30 Minuten entspricht. Da ich den Ausschnitt zu selten korrigiert hatte, ist von dem gesamten Bild kaum mehr als dieser schmale Ausschnitt zu gebrauchen.

Für diese Aufnahme der Andromeda Galaxie kam eine Z50 mit dem 50-250mm Kit-Objektiv zum Einsatz. Um bei insgesamt 100 Einzelaufnahmen bei ISO2000 von jeweils 20 Sekunden (33min) Belichtungszeit keine Streifen entstehen zu lassen, wurde diese auf eine alte Nachführung montiert, eine Astro 5. Bei dieser Aufnahme war die Montierung ganz bewusst auch nur grob ausgerichtet. Zwar lassen sich in den Ecken die chromatischen Probleme des einfachen Objektivs erkennen, aber dieser zweite Schritt in die Astro-Fotografie ist mit einer überschaubaren Investition möglich und bei guter Sicht lassen sich damit bereits sehr interessante Objekte einfangen.

Gänzlich ohne Nachführung kam diese Aufnahme der Milchstraße (Region um Schwan und Leier) aus. Mit der D750 und dem Micro Nikkor 105 f/2.8 AI-s (Baujahr um 1980) fertigte ich bei ISO 2000 rund 250 Einzelbelichtungen mit jeweils 8 Sekunden an und korrigierte die Ausrichtung zwischendurch nur einmal.

Natürlich ist diese Linse bei Offenblende nicht wirklich scharf (siehe auch Die Blende) und sollte für die beste Abbildung zweimal abgeblendet werden. Um dennoch genügend Photonen zu sammeln, kommt eine einfache Nachführung zum Einsatz (ich verwendete meine alte Astro 5 Montierung), um die Belichtungszeit entsprechend verlängern zu können. Das Ergebnis könnte ungefähr so aussehen:

Dieses Bild der Region um den Granatstern bei Kepheus entstand aus 17 Einzelbildern mit jeweils 3 Minuten Belichtungszeit (51min insgesamt). Zwar kam hier eine Astro-Kamera (ASI2600MC Pro bei ISO100) zum Einsatz, aber die Ergebnisse mit einer Systemkamera sollten ähnlich sein. Lediglich die rötlichen Bereiche werden durch den Infrarotfilter der Kamera etwas schwächer abgebildet.