DeepSky mit einer Planetenkamera
Oft genug habe ich über die Anschaffung eines Teleskops mit mehr Brennweite für die sogenannte Galaxie-Saison nachgedacht, ohne genau zu wissen, ob meine lokalen Bedingungen überhaupt sinnvolle Beobachtungen mit der dann notwendigen Auflösung in Bogensekunden ermöglichen. Da ich für das zweite Setup ohnehin eine weitere Guiding-Kamera benötigt habe, wählte ich die ASI664MC, ein kleiner Farbsensor mit 3 Megapixel und 2,9µm großen Pixeln.
Um es direkt zu übertreiben, verwendete ich diese Kamera an meinem 100mm APO mit einer Brennweite von 580mm in Kombination mit einer Barlow und richtete das Setup das letzte Mal vor dem nächsten Winter auf den Orion Nebel:
Das Ergebnis verblüffte mich tatsächlich schon, denn mit diesem Setup bin ich deutlich im Oversampling, da das Teleskop aufgrund der geringen Öffnung die von der Kamera erfasste Auflösung schon optisch nicht erreicht.
Die Physik bescheinigt diesem Setup eine optische Auflösung um 1,25 Bogensekunden, während die Kamera hier eine Auflösung von 0,5 Bogensekunden pro Pixel erreicht. Wer gerne mitrechnen möchte, kann dies mit Dylan O'Donnell's Astro-Rechner gerne tun: https://byronbayobservatory.com.au/astronomy-calculator/
Da es sich um eine Farbkamera handelt, liegt die optische Auflösung in der Größenordnung einer Bayer-Gruppe (2x2 Pixel), mit entsprechender Unschärfe ist also zu rechnen. Statt einer Barlow-Linse lassen sich natürlich auch Kameras mit noch kleineren Pixeln verwenden, wie die ASI715MC mit einer Kantenlänge von nur noch 1,45µm pro Pixel. Die Ergebnisse sind weitgehend vergleichbar, wobei tatsächlich eine korrigierte Barlow-Linse benötigt wird, um keine Farbsäume zu bekommen. Und eine solche Barlow ist gerne teurer, als die ASI715MC.
Diese Aufnahme von M106 entstand dann auch mit genau diesem Setup:
Auch wenn diese ersten Beispiele vielversprechend erscheinen, darf man von diesem Ansatz selbstverständlich keine Wunder erwarten. Das fängt schon mit den Belichtungszeiten an. Derart kleine Pixel sammeln entsprechend weniger Photonen. Vergleicht man die 1,45µm Pixel der ASI715MC mit den 3,76µm Pixel der ASI2600MC, so sammeln die größeren Pixel in der gleichen Zeit fast siebenmal so viele Photonen. Auch können größere Pixel mehr Elektronen zwischenspeichern, die sogenannte Full-Well-Kapazität. Diese ist bei Kameras mit sehr kleinen Pixeln entsprechend ebenfalls geringer.
Aufgrund der geringen Full-Well-Kapazität machen hoch aufgelöste ADC-Stufen bei solchen Kameras auch nicht sonderlich viel Sinn, daher haben diese meist Wandler mit einer Auflösung von 12 Bits verbaut. Entsprechend ist mit einem geringeren Dynamikumfang zu rechnen.
Optimiert sind diese Planetenkameras für das Fotografieren sehr heller Objekte, wie Planeten, mit entsprechend kurzen Belichtungszeiten. Selbst für die helleren Deepsky-Objekte aus dem Messier Katalog müssen die Subs, aufgrund der kleinen Pixel, jedoch deutlich länger belichtet werden.
Durch die fehlende Kühlung ergibt sich daraus jedoch ein höheres Ausleserauschen, welches bei wärmeren Temperaturen natürlich intensiver wird. Entscheidend dabei ist die Temperatur des Sensors, welche in der Regel deutlich über der Umgebungstemperatur liegt.
Mit der ASI715MC habe ich einmal diese Testreihe aufgenommen, während die Kamera im Tiefkühler abgekühlt wurde. Bei einer Umgebungstemperatur von knapp 20°C wurde am Sensor eine Temperatur von immerhin 32°C gemessen. Das starke Rauschen ist im Bild links oben zu erkennen. Rechts unten wurde eine Sensor-Temperatur von 0°C erreicht, in der Mitte lag sie um 10°C.
Bei dem IMX715 Sensor stellt man dabei fest, dass er zwar keinerlei Amp-Glow besitzt, aber dafür ein paar leuchtende Pixel. Dies sind wohlgemerkt keine defekten Pixel, die Intensität des Leuchtens ist vielmehr abhängig von der Sensor-Temperatur und der Belichtungszeit. Entsprechend notwendig wird bei diesem Sensor nicht nur ein konsequentes Dithern, sondern auch das Anfertigen von passenden Darks bei längeren Belichtungszeiten.
Um die Rauschproblematik einigermaßen in den Griff zu bekommen, verwende ich aktuell eine aktive Kühlung mit einem Black Shark FunCooler 4 Pro. Der ist zwar eigentlich für das Zocken auf Mobilgeräten gedacht, passt mit einer 3D gedruckten Haltevorrichtung (Danke, Daniel Nimmervoll!) wunderbar an die runden Astrokameras von ZWO.
Der größte Nachteil ist, dass die Zieltemperatur nicht einstellbar ist und die Kamera auf niedrigster Stufe letztendlich vereist, der Sensor hat dann eine Temperatur um den Gefrierpunkt. Problematisch dabei kann Taubeschlag werden, aber da ich per 1,25" Adaption arbeite und dort einen UV/IR-Cut Filter aufgeschraubt habe, wurde das bisher gut vermieden. Vermutlich macht es Sinn, die zwei Anschlüsse der Kamera entsprechend abzudichten, damit sich dort möglichst keine Feuchtigkeit niederschlagen kann.
Laut Kamerahandbuch sollten -5°C bei der ASI715MC im Betrieb nicht unterschritten werden, entsprechend sollte man es mit der Kühlung vielleicht nicht ganz so übertreiben.
Ergänzend zu der Sensorproblematik muss natürlich ebenfalls berücksichtigt werden, dass die Nachführung idealerweise besser sein muss, als die Pixel-Auflösung. Und schließlich braucht man für solch eine Auflösung zusätzlich noch ein sehr gutes Seeing, welches bei mir kaum erreicht wird.
Bei dieser Aufnahme von Messier 3 verwendete ich den 130mm Hypergraphen mit einer Brennweite von 360mm. Das ergibt eine deutlich bessere Kombination mit einer Winkelauflösung von 0,8" pro Pixel, welche durch die größere Öffnung auch optisch erreicht wird. Entsprechend gut aufgelöst sind die Sterne auch im Inneren des Kugelsternhaufens.
Auch diese Aufnahme von Messier 97 und 108 entstand ebenfalls mit dieser Kombination, und kann sich durchaus sehen lassen:
Weitere Bilder meiner Experimente mit den Planetenkameras samt Aufnahmebedingungen gibt es hier: Dies ist kein Planet