Theta, Iota, Kappa Boötis und andere Sterne

6/2025
ASI2600MM, 360mm f/2.8, 3h (RGB 3x56m)

Im Frühsommer kann ich von meinem Standort kaum interessante DSOs fotografieren, was bei den hellen Nächten ohnehin schwierig wäre. Also dachte ich mir, warum nicht einmal interessante Sternformationen heraussuchen und diese im Bild festhalten. Möglicherweise erzählen auch diese eine interessante Geschichte.

Alle Aufnahmen entstanden mit dem schnellen f/2.8 Astrographen mit einer Gesamtbelichtungszeit von rund 3 Stunden in R/G/B. Die Bearbeitung beschränkt sich auf eine photometrische Farbkorrektur, einem konservativem Stretch und anschließender Erhöhung der Sättigung, um die Sternfarben besser abzubilden.

Im ersten Bild sind drei, eigentlich sogar vier, eher unscheinbare Sterne in der Konstellation Bärenhüter bzw. Bootes, abgebildet. Nämlich Theta und Iota Boötis sowie das Doppelsternsystem Kappa¹ und Kappa² Boötis. In dieser Bearbeitung ist das Doppelsternsystem aufgrund des bläulichen Halos allerdings nicht auflösbar:

Derartig auffällige Sternkonstellationen werden Asterismus genannt und sind häufig Teil von größeren Sternbildern, wie z.B. der Gürtel im Sternbild Orion. Nicht selten haben diese auch historische Namen, wie in diesem Fall z.B. die römische Bezeichnung Asellus Primus, Secundus und Tertius (erster, zweiter und dritter Esel, warum auch immer) oder die chinesische Bezeichnung als Himmels-Speer (Tiān Qiāng im "Purple Forbidden Enclosure").

Asellus Primus bzw. Theta Boötis war übrigens um 4000 v.Chr. der hellste Stern am nördlichen Himmelspol. In Stellarium kann man das schön verfolgen, indem als Jahr -4300 angegeben wird und sich dann alles um diesen Stern dreht.

Diese zweite Aufnahme zeigt den Teil einer Sterngruppe, welche Tau Serpentis genannt wird. Diese besteht eigentlich aus acht Sternen, ich konnte leider nur vier davon zusammen mit einer Reihe von Galaxien in eine Aufnahme bekommen.

Diese Gruppe lädt dazu ein, kurz auf verschiedene Arten von Sternen sowie deren unterschiedlichen Farben einzugehen. Für genauere Informationen verlinke ich jeweils den englischen Wikipedia-Artikel.

Der bläuliche Stern Tau² Serpentis links im Bild ist mit einem Alter von 278 Millionen Jahre einer der jüngeren in dieser Gruppe. Mit der dreifachen Sonnenmasse strahlt er mit einer Oberflächentemperatur von knapp 11000 Kelvin fast einhundert mal so hell, wie unsere Sonne.

Der rötliche Stern Tau⁴ Serpentis in der oberen Mitte ist mit der vierfachen Sonnenmasse sogar noch schwerer, hat mit rund 3000 Kelvin jedoch eine deutlich niedrigere Oberflächentemperatur. Das liegt daran, dass sich seine Masse über ein deutlich größeres Volumen verteilt (239 fache Sonnenradius). Er gehört auch zu den veränderlichen Sternen, der seine Intensität in einem Zyklus von 100 Tagen um eine ganze Größenklasse verändert. Einzigartig ist Tau⁴ zusätzlich, da ihm als einziger Stern seiner Größenklasse eine HR Katalognummer fehlt.

Tau⁵ Serpentis in der Mitte ist mit einem Alter von 1.9 Milliarden Jahren der Opa in dieser Gruppe. Im Vergleich zum Alter unserer Sonne mit 4,6 Milliarden Jahren ist er aber noch verhältnismässig jung. Mit seiner 1,5fachen Sonnenmasse strahlt er dann auch rund 10x heller bei einer Temperatur von knapp 7000 Kelvin.

Zu Tau⁶ Serpentis ganz rechts im Bild gibt es leider nur wenige Informationen. Immerhin gehört er in die gleiche Spektralklasse, wie unsere Sonne, auch wenn er bei dreifacher Masse 137 mal so hell strahlt.

Hier noch einmal die Aufnahme mit Beschriftung:

Eine weitere interessante Konstellation fand ich zwischen den Sternbildern Bärenhüter (Bootes), Herkules und der nördlichen Krone (Corona Borealis), welche auch die verschiedenen Spektralklassen hübsch gegeneinander stellt:

Beginnen wir links oben mit dem leicht orangenen Stern Nu¹ Boötis. Mit einem knapp hundertfachen Sonnenradius strahlt er rund 2000 mal heller, als unsere Sonne, jedoch bei einer Oberflächentemperatur um 3900 Kelvin. Mit einer Magnitude von 5 kann er bei dunklem Himmel schon visuell beobachtet werden und so verortete der griechisch-römische Astronom Claudius Ptolemy ihn ebenso zugehörig zum Sternbild Herkules. Im ersten Bayer-Katalog hatte er folglich auch die alternative Bezeichnung Psi Herculis. Seine vollständige Klassifizierung lautet "K4.5 IIIb Ba0.4", aber ich beschränke mich hier einmal auf das K, welches auf ein leicht orangenes Lichtspektrum mit einer Oberflächentemperatur zwischen 3900 und 5300 Kelvin hindeutet (K-Type Main Sequence Star).

Darunter finden wir Nu² Boötis. Dies ist tatsächlich wieder ein Doppelsternsystem. Mit einem Winkelabstand von deutlich unterhalb einer Bogensekunde ist dies jedoch kaum auflösbar. Ihre Oberflächentemperatur liegt bei rund 8000 Kelvin, daher haben beide eine deutliche Blaufärbung und sind entsprechend klassifiziert als A-Type Main Sequence Stars. Diese Sterne sind deutlich dichter als unsere Sonne, und verbrennen Wasserstoff bei Oberflächentemperaturen zwischen 7600 und 10000 Kelvin, ihre Lebenserwartung beträgt in etwa ein Viertel dessen unserer Sonne.

Der auffällig weißliche Stern unten ist Phi Boötis. Auf den ersten Blick scheint dies ein junger Stern in seiner Entwicklungsphase zu sein, allerdings hat sich inzwischen herausgestellt, dass es sich um einen sehr alten Stern-Giganten handelt, mit einem beachtlichen Alter von rund drei Milliarden Jahren. In seinem Kern fusioniert er inzwischen auch Helium statt Wasserstoff bei einer Oberflächentemperatur um 5000 Kelvin. Er ist klassifiziert als "G7 III-IV Fe-2" und als G-Type Main Sequence Star liegt er in der gleichen Spektralklasse, wie unsere Sonne.

Und schließlich ist da noch der klar rötliche Mu Coronae Borealis. Es handelt sich um einen alternden Sterngiganten mit einer Oberflächentemperatur von 3600 Kelvin jedoch der 2500 fachen Leuchtkraft unserer Sonne. Seine Klassifizierung lautet "M1.5 IIIb" und ist folglich ein M-Type Main Sequence Star bzw. Roter Zwergstern. Damit gehört er zur am häufigsten vorkommenden Sternklasse. Allerdings sind diese Sterne auch deutlich dunkler und entsprechend seltener visuell zu beobachten. Eine schöne Ausnahme ist der Stern Beteigeuze im Sternbild Orion.

Zum Abschluß noch, wie üblich, die beschriftete Aufnahme: